Donnerstag, 6. September 2018

Eine Stunde später

Plusminus zehn Stunden. In unserem Fall leider plus. Wir sitzen in einem Bus von Probolinggo Richtung Bali. Fünf Stunden hat uns der Schreier am Terminal versprochen. Fünf Stunden später sind wir immer noch über 50km von Banyuwangi entfernt. Das klingt für Deutsche nicht viel kann aber zum Tagesfüllenden Programm werden. Zumindest wenn man in einem Bus unterwegs ist und vor allem wenn man so wie wir dann noch in einen Stau gerät. Es tut sich nichts. Nada. Niente. Wir haben noch Glück, denn beim letzten Buswechsel wurden offensichtlich zwei Busse zusammen gelegt. Das heißt der ganze Mittelgang steht voll mit Leuten, wir haben hingegen noch einen Platz auf den hintersten Treppenstufen ergattern können. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass jede Menge frische Luft herein strömt und wir auch mal kurz aussteigen können, um uns die Beine zu vertreten. Der Bus fährt immer mal wieder drei Meter dann stoppt es wieder. Ich habe mich mit der Situation bereits abgefunden und chatte über Google Translator mit einem indonesischen Student/Schüler. Da wir in einem Ekonomi-Bus sitzen kann kaum jemand englisch, aber dank des hervorragenden Netzes überall können wir mit Hilfe von Übersetzungsapps ausführliche Gespräche führen. Thomas, der die Situation weniger entspannt findet, bekommt inzwischen beigebracht was „Sabar“ (übersetzt etwa geduldig, gelassen) bedeutet. So haben wir doch recht viel Spaß zusammen, auch wenn es unglaublich nervt, dass die männliche Bevölkerung Indonesiens unablässig quarzt. Auch in einem völlig überfüllten Bus mit einigen Kindern gibt es keine Hemmungen eine nach der anderen zu rauchen. Bald stellen wir fest, dass wir aufgrund eines Straßenfestes im Stau stehen. In Deutschland würden alle am Rad drehen wenn direkt neben der einzigen Verbindungsstraße, die vergleichbar mit einer stark befahrenen Bundesstraße ist, ein Straßenfest stattfinden würde. Das ganze wird dadurch verschärft, dass viele Autofahrer denken sie fahren einen Roller und sind schneller am Hindernis vorbei wenn sie die Gegenfahrbahn mit benutzen. Das funktioniert ausnahmsweise mal nicht so richtig und verschärft das Problem eher. Letztendlich muss eine dritte Spur, die zur Hälfte im Maisfeld liegt eingeführt werden. Völlig erschöpft erreichen wir so Banyuwangi und suchen uns nur noch ein Bett. Alles andere vertagen wir auf morgen. Wir saßen den ganzen Tag im Bus und haben keine Lust mehr.     Am nächsten Tag setzen wir mit der Fähre über nach Bali. Wir landen im Norden der Insel, wo weniger Touristen sein sollen. Dafür sieht man schon ziemlich viele, aber zumindest spricht nicht jeder deutsch. Der Strand von Permutaran ist herrlich und man kann sofort losschnorcheln. Das machen wir auch gleich nach der Ankunft, denn die Unterwasserwelt hat hier viel zu bieten. Noch mehr sehen wir am nächsten Tag auf einem Schnorcheltrip zur Menjangan-Insel. Am Nachmittag folgt eine Führung durch Balis einzigen Nationalpark. Da ist ein Guide wirklich zwingend notwendig, denn es gibt keine richtigen Wege und man kann sich leicht verlaufen. Außerdem erfahren wir so viel über den Nationalpark. Auch das ein oder andere Detail, dass man lieber nicht wissen wollte. Zum Beispiel, dass sein Kumpel vor 2 Monaten erst einer neun Meter langen Python auf den Schwanz getreten ist und sie dann alle die Schlange gestreichelt haben. Als wir dann den ersten vermeintlichen Wildpfad kreuzen und er meint, der ist von gestern Nacht und von einer Python beruhigt mich das keineswegs. Spätestens mit den Worten „wir haben hier eine sehr große Python-Population“ kann ich mich nicht mehr auf die Vögelchen konzentrieren, sondern schaue mich nur nach mindestens 3m langen Schlangen um. Vögel sind ohnehin nicht allzu viele zu sehen, aber Thomas wird mit seinem großen Objektiv später noch entlohnt. Da Pythons friedliche Schlangen sein sollen bin ich wieder etwas besänftigt, da wären da ja aber noch die Kobras... die schlängeln aber ganz nah an einem vorbei, solange man sich nicht bewegt. Bewegen, speziell Trampeln wäre allerdings dann nicht so gut. Na dann...   Wirklich weit rein laufen wir in den Nationalpark sowieso nicht. Dafür fehlt uns zum einen die Zeit und zum anderen gibt es tiefer im Wald die „bösen Lianen“. Wenn man unter denen durchläuft verläuft man sich. Die verwirren quasi deinen Kopf, setzen das Böse in dir fest. Das wollen wir besser nicht. Da schaukeln wir doch lieber an den guten. Genauso wie die Black Monkeys die es hier gibt. Die sind wirklich unglaublich fetzig und weil sie Vegetarier sind auch nicht so aggressiv wie die grey Monkeys, die überall entlang der Straße sitzen, aber auch hier im Nationalpark leben. Da gerade Trockenzeit ist sind nur die Bäume entlang des Flusses richtig grün. Sonst schlägt sich nur ein von den Niederländern aus Afrika mitgebrachter Baum sehr wacker. Dieser ist aufgrund des Honigs bei den Wildhonigsammlern auch sehr beliebt. Nach unserer lehrreichen Nationalparkwanderung lädt uns unser Ranger noch zu einem traditionellen Tanz ein. Es findet so eine Art Straßenfest statt, mit gemeinsamen Gebet, Essen und anschließenden Tanz. Die Männer kochen an diesem Tag und die Frauen müssen tanzen. Wie in Trance bewegen sie sich zum Rhythmus der Musik. Bei schneller werdenden Rhythmen halten sie sich eine Art Messer an die Brust und kreisen wie wild als würden sie heftig zustechen. So wird das Böse ausgetrieben, man reinigt sich sozusagen von schlechten Dingen. Wir genießen das spektakuläre Ereignis und fühlen uns sehr willkommen in der fremden Kultur, obwohl wir danach fast taub sind.












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